Weshalb sich Didi Kühbauer den Cupsieg verdient

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Diese Begegnung zeigt einen Widerspruch: Kühbauer erscheint im Wettkampf unnahbar und tief emotional. Doch privat und offenbar im Umgang mit seinen Spielern ist er nahbar und menschlich.

Beeindruckende Bilanz

Didi Kühbauers Punkteausbeute – sei es bei Admira, WAC, St. Pölten, Rapid oder LASK – ist beeindruckend. Mit 2,0 Punkten pro Spiel ist der Schnitt beim WAC herausragend. Diese Erfolge sind das Resultat seines Gespürs für das Spiel und die Menschen, die für ihn auf dem Platz stehen.

Er polarisiert und verkörpert einen Trainertypen, der rar geworden ist. Während jüngere Trainer häufig aus dem Analysebereich kommen, oft ohne nennenswerte Spielerfahrung, bringt Kühbauer eine Kombination aus praktischer Erfahrung und Intuition mit. Vielen neuen Trainern fehlt es an der Fähigkeit, das Spiel im Grenzbereich zu lesen und emotionale Aspekte, die großen Einfluss auf den Spielverlauf haben, zu verstehen.

In Interviews nimmt sich Kühbauer kein Blatt vor den Mund,  was ihn von vielen Trainern unterscheidet, die durch Ausbildungen weichgespült werden. Er meidet komplexe taktische Analysen und wählt lieber eine verständliche Sprache. Diese Authentizität macht ihn interessant für die Medien.

Gegenüber seinen Spielern ist er fürsorglich. Als Verteidiger Nwaiwu   Rot sah, weil er einem Gegner an den Hals gegriffen hatte, stellte sich Kühbauer hinter ihn und kritisierte den Schiedsrichter, was den Spielern zeigt, dass er für sie durchs Feuer geht. Die Fähigkeit, Emotionen im Spiel zu erkennen und zu kanalisieren, stärkt die Bindung zwischen Trainer und Spielern.

Taktik & Pragmatismus

Kühbauer hebt sich als Trainer durch seine pragmatische und realistische Herangehensweise hervor. Strukturiertes Positionsspiel sowie spezifische, kreative Lösungen im Ballbesitz sind ihm weniger wichtig. Er sagt: „Im Fußball muss man wissen, was machbar ist.“ Dass er spürt, was machbar ist, habe ich selbst zu spüren bekommen: Fünfmal waren wir Gegner – ich beim LASK und er bei Rapid. Neben zwei Remis haben wir drei Mal verloren.

Nennt man es Flexibilität oder Gegnerorientierung: Seine Idee, uns zu „spiegeln“, war erfolgreich. Wenn wir in einem 3-4-3  spielten, stellte er Rapid im gleichen System auf. Diese Anpassung führte dazu, dass die Duelle auf eine physische und brachiale Ebene transferiert wurden.

Ein weiteres Beispiel für Kühbauers Pragmatismus zeigte sich 2020, als wir mit dem LASK gegen Sporting Lissabon den Aufstieg in der Europa League feierten. Drei Tage später stand das Ligaspiel gegen Rapid an, bei dem unser  Innenverteidiger Gernot Trauner ausfiel. Philip Wiesinger ersetzte ihn. Kühbauer nutzte einen simplen, aber effektiven taktischen Kniff: Ercan Kara wurde gegen Wiesinger positioniert – aufgrund des Größenunterschieds ein klares Missmatch. Rapid spielte ein bis zwei kurze Pässe im Spielaufbau, um uns zu locken, und schickte dann lange Bälle auf Kara, der auf Fountas verlängerte, der in die Tiefe sprinten konnte und traf. Unsere Umstellung kam zu spät, Rapid führte bereits mit 2:0. 

Kühbauer als „Bauchtrainer“ abzuwerten, wäre extrem unfair. Es ist eine Kunst eines Trainers, Komplexität aus dem Spiel zu nehmen und den Spielern klare, einfache Lösungen zu präsentieren.

Leadership-Qualitäten

Studien belegen, dass Glaubwürdigkeit und Verbundenheit für Spieler von höchster Bedeutung sind. Kühbauer hat ein Gespür dafür, was Spieler in unterschiedlichsten Situationen brauchen. Er füllt diese emotionalen „Töpfe“ auf und schafft eine vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre.

„Ich habe eine gute Menschenkenntnis, mir ist wichtig, den Menschen hinter dem Fußballer kennenzulernen“, sagt Kühbauer. Seine Bemühungen, Geburtstage seiner Spieler und Mitarbeiter nicht zu vergessen und ihnen zu gratulieren, zementiert diese menschliche Verbindung.

Insgesamt verdeutlicht Didi Kühbauer, dass er nicht nur ein besonderer Trainertyp ist, sondern auch – trotz des manchmal unnahbaren Auftretens – ein empathischer Leader, der das Potenzial seiner Spieler erkennt und sie aktiv in ihrer Entwicklung unterstützt. Sein feines Gespür für das Spiel und die Menschen macht ihn zu einer prägenden Figur im österreichischen Fußball.

Vielleicht treffe ich ihn dieses Jahr wieder in Lignano. Möglicherweise ist er dann Cupsieger – das hätte er sich zweifellos verdient.

Original Quelle + Original Bild:

Kurier

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