Weil man noch nicht weiß, wie es mit der Pierer Mobility weitergeht, gibt es nur provisorische Geschäftszahlen für 2024. Die sind tiefrot.
HELMUT FOHRINGER

Seit Montag steht die Produktion im KTM-Werk im oberösterreichischen Mattighofen wieder still, dem insolventen Unternehmen ist das Material ausgegangen und neues lässt auf sich warten. Der Stopp für die Motorraderzeugung gilt bis 27. Juli, die Arbeitszeit der Beschäftigten wird für diese Zeit auf 30 Stunden pro Woche reduziert – bei entsprechenden Einkommenseinbußen. Das hat das Unternehmen vorige Woche beschlossen, DER STANDARD hat berichtet. Bis 23. Mai wird sich entscheiden, ob das Werk gerettet werden kann: Bis dahin müssen mindestens 600 Millionen Euro aufgestellt werden, um den Sanierungsplan zu erfüllen und den Gläubigern die vereinbarte Quote von 30 Prozent erfüllen zu können.



Die KTM-Mutter Pierer Mobility spielt bei der Rettung eine wesentliche Rolle, sie sucht nach Investoren. Die von ihr geplante Kapitalerhöhung wurde vorige Woche aber kurzfristig abgesagt. Man suche nun andere Möglichkeiten, die Probleme zu lösen, hieß es vorige Woche in einer Ad-hoc-Meldung sinngemäß. In dieser wurde auch angekündigt, dass demnächst (vorläufige) Geschäftszahlen fürs Jahr 2024 bekannt gegeben würden.



1,2 Milliarden Euro Verlust

Das ist am Montagabend geschehen. In einer weiteren Ad-hoc-Meldung gab die börsennotierte Pierer Mobility AG vorläufige und ungeprüfte Kennzahlen bekannt. Ein geprüfter Jahresabschluss konnte bisher nicht erstellt werden: Offen ist nämlich angesichts des ungewissen Schicksals der Gruppe noch, ob der Bewertung die Annahme der Unternehmensfortführung (Going Concern) zu Grunde gelegt werden kann. Das setzt nämlich eine verbindliche Finanzierungszusage von Investoren voraus, die für Ende April avisiert war, die es derzeit aber noch immer nicht gibt. Der neue Zeitplan: Bis 30. Mai soll der geprüfte Jahresfinanzbericht veröffentlicht werden.



Die nun veröffentlichten, provisorisch und unter der Prämisse der Unternehmensfortführung erstellten vorläufigen Zahlen sind, wie erwartet, tiefrot. Aus der Ad-hoc-Meldung der Pierer Mobility von Dienstagabend geht hervor, dass der Konzernumsatz um fast ein Drittel auf rund 1,9 Milliarden Euro gesunken ist, das Ergebnis aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (Ebit) betrug wegen hoher Wertberichtigungen minus 1,2 Milliarden Euro. Das Eigenkapital sank von 900 Millionen auf minus 200 Millionen Euro, die Nettoverschuldung stieg auf rund 1,6 Milliarden Euro.



1850 Jobs verloren

Entwicklungen, mit denen ein radikaler Mitarbeiterabbau einhergegangen ist. Die Zahl der Beschäftigen in der Gruppe ist von rund 6200 im Jahr 2023 auf 5300 im Vorjahr gesunken, rund 4000 von ihnen arbeiten in Österreich. Von Anfang 2024 bis Ende März des heurigen Jahres verloren insgesamt mehr als 1850 Leute ihre Jobs. Im ersten Halbjahr des laufenden Jahres werden voraussichtlich 220 weitere Mitarbeiter ihre Arbeit verlieren, geschuldet ist das dem Verkauf der Mehrheitsbeteiligung an der italienischen Motorradschmiede MV Agusta.



Die Geschäftsführung ist optimistisch, dass Investoren gefunden werden, die entsprechenden Verhandlungen befänden sich in der Finalisierungsphase, ist in der Aussendung zu lesen. Sollte die Sache mit dem KTM-Sanierungsverfahren gut ausgehen, werde sich die Nettoverschuldung im ersten Halbjahr 2025 deutlich reduzieren, für diesen Fall wird ein Sanierungsgewinn von rund 1,3 Milliarden Euro erwartet. In diesem Fall würde das Eigenkapital mit einem hohen dreistelligen Millionenbereich ins Positive drehen.



Auch 2025 bleibt negativ

Und wie schaut es mit den Zahlen fürs laufende Jahr aus? Angesichts der „schwierigen makroökonomischen Rahmenbedingungen“, des Sanierungsprozesses und des schrittweisen Hochfahrens der Produktion wird auch für heuer ein negatives operatives Ergebnis erwartet.



KTM hatte vorigen November Insolvenz angemeldet, die Produktion stand drei Monate still, bevor sie ab 17. März vorübergehend wieder hochgefahren wurde, und zwar mithilfe von Geldspritzen des KTM-Partners Bajaj. Die KTM-Mutter Pierer Mobility AG steht zu rund 74,9 Prozent im Besitz der Pierer Bajaj AG, der Streubesitz beträgt rund 25 Prozent. Die Hauptaktionärin Pierer Bajaj AG gehört zu etwas mehr als 50 Prozent der Pierer Industrie von Stefan Pierer, die restlichen Anteile hält die indische Bajaj-Gruppe. (Renate Graber, 29.4.2025)