Vor der WKStA wies René Benko Zeugenaussagen zurück, wonach er allein für die Finanzbeschaffung zuständig gewesen sei. Und er betonte die Rolle von Aufsichtsratschef Alfred Gusenbauer bei Deals der Signa Prime
Auch in der vergangenen Woche und am Montag sind wieder Signa-Gesellschaften umgefallen – Insolvenz angemeldet haben etwa die Innsbrucker Signa Retail Holding GmbH und eine Wiener Prime-Gesellschaft. Währenddessen sitzt Signa-Gründer René Benko immer noch in der Justizanstalt Wien-Josefstadt in U-Haft. Dort wurde er vor rund drei Wochen erstmals einvernommen: Die Vertreterinnen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) befragten ihn zur geplanten Kapitalerhöhung für die Signa Holding im Juni 2023 und zur Rollenaufteilung in der Gruppe. Für Benko gilt die Unschuldsvermutung.
Benko schilderte bei der Gelegenheit auch, welche Manager und Berater auf welche Art mit der Signa verbandelt waren – dass etwa die Signa-Manager Timo Herzberg (Chef der Immobiliengesellschaften und Mitglied im Executive Board) und Dieter Berninghaus (Berater, Chef des Executive Boards und für die Handelssparte zuständig) Signa-Beteiligungen hielten. Herzberg sei indirekt an der Signa Holding beteiligt und Aktionär der Signa Prime und Development gewesen. Die Beteiligung von Berninghaus bzw. dessen Familie sei über „Phantom Stocks“ gehalten worden, der frühere Metro-, Rewe- und Migros-Manager habe sich zudem „intensiv“ in Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit eingebracht. Zudem habe er die nichtösterreichischen Signa-Gesellschafter betreut, darunter Fressnapf-Gründer Torsten Toeller oder die Familie Arduini, die angeblich eine Milliarde Euro bei der Signa verloren hat. Zur Erinnerung: Die enge Beziehung zwischen Benko und Berninghaus endete bereits vor der Pleite im Streit.
„Sehr komplexe Gesamtstruktur“
Benko selbst war bis Herbst 2023 Vorsitzender des Beirats der Signa Holding, der laut ihm nur beratende Funktion hatte. Im Beirat saßen auch Leute wie Ex-Bundeskanzler und Signa-Aufsichtsratschef Alfred Gusenbauer, der frühere Bank-Austria-Chef Karl Samstag, Ex-RBI-Chef Karl Sevelda, der frühere Casinos-Austria-Chef und Ex-Präsident des Österreichischen Olympischen Comités (ÖOC), Karl Stoss, oder Susanne Riess-Hahn, Wüstenrot-Chefin, Mitglied des Generalrats der Nationalbank und einstige FPÖ-Vizekanzlerin.
Während Benko in seiner Einvernahme nicht müde wurde, die „sehr komplexe Gesamtstruktur“ der Signa und ihrer Finanzierung zu betonen, hatte Riess-Hahn offensichtlich mehr Durchblick gehabt. In der TV-Doku Der talentierte Herr Benko sagte sie sinngemäß, dass die Gesellschaftsstruktur der Signa überhaupt nicht kompliziert sei. Zudem meinte sie, man müsse sich um das Unternehmen keine Sorgen machen. Wenig später fiel es um.
Doch zurück ins Halbgesperre der Josefstadt, wo Benko befragt wurde. Zur Hierarchie in der Gruppe verwies er flugs auf die Bedeutsamkeit der Aufsichtsräte. Der Vorstand der Signa Prime habe nämlich „relativ eingeschränkte Entscheidungsmöglichkeiten (…) bei jedem Ankauf oder Verkauf einer Immobilie oder Finanzierungen“ gehabt: Für all das habe es die Zustimmung des Aufsichtsrats gebraucht, der dafür einen Investitionsausschuss eingerichtet hatte. Dessen Vorsitzender war Prime-Aufsichtsratschef Alfred Gusenbauer; auch Stoss sei Mitglied gewesen.
Gusenbauer hat Benko ja auch gegen Honorar beraten. Die Frage, warum der Ex-Politiker einst überhaupt von der Signa angeheuert worden sei, klärte er im Februar im Falter auf: „Vielleicht bin ich ein bisschen gescheiter als manche andere.“ Stichwort gescheit: In seiner Zeugenaussage beschrieb Gusenbauer Benko als „Gehirn“ der Signa-Gruppe.
Einvernahmen beantragt
Der solcherart Titulierte wollte zu seinen eigenen Aufgaben trotzdem nicht viel sagen, das will er schriftlich tun. Und: Die Anschuldigungen von Investoren und Ex-Aufsichtsratsmitgliedern will er nicht auf sich sitzen lassen. In Beweisanträgen hat sein Anwalt Norbert Wess die Einvernahme verschiedener Signa-Verantwortlicher beantragt, „um ein tatsächlich zutreffendes Gesamtbild zu ermöglichen“. Zumindest einer dieser Anträge hat sich bereits erledigt: Vorige Woche sagte Berninghaus aus.
Den Vorwurf der WKStA, Benko habe im Rahmen der gescheiterten Kapitalerhöhung Geld im Kreis geschickt und die rund 35 Millionen Euro von der Familie Benko Privatstiftung (Benko saß in ihrem Beirat, TPA-Partnerin Karin Fuhrmann ist Vorstandsvorsitzende) seien in Wirklichkeit das Geld von Signa-Investoren gewesen, weist Benko ja zurück. Die Stiftung habe unbedingt mitziehen müssen, denn wäre ihr Signa-Holding-Anteil gesunken, wäre Grunderwerbssteuer angefallen. Wie sie ihren Anteil an der Kapitalerhöhung finanziert hätte, wollten die Staatsanwältinnen wissen. Signa Prime und Development hätten das Geld zur Verfügung stellen sollen, antwortete Benko.
„Ich war nicht im Vorstand“
Die Vorstandschefin der Familie Benko Privatstiftung sagte dazu aus, sie habe Benko dasselbe gefragt, er habe so geantwortet: „Mach dir keine Sorgen. Das Geld wird bereitstehen.“ Hat sich also Benko ums Geldaufstellen gekümmert? Auch da grenzte sich Benko ab: Er sei in die konkreten Finanzierungsgespräche mit eingebunden und „aktiv bei der Strukturierung“ gewesen, „aber ich war nicht Vorstand“. Und was sagte Benko zu einer Zeugenaussage, wonach sich in der Signa ausschließlich er um die Finanzbeschaffung gekümmert und „bis zum Schluss den Daumen drauf gehabt“ und dann kurzfristig entschieden habe? „Diese Aussage trifft so nicht zu.“ (Renate Graber, 29.4.2025)
Original Quelle + Bild :