Franz Schuh im Schubert-Schloss: Mit Musik in die Hölle und wieder heraus

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„Rüscherl-Mozart“

Schuh sagt: „Schuld an meiner Unmusikalität ist Mozart, denn ich habe in meiner Schulzeit Aufführungen gesehen, die ich als ,Rüscherl-Mozart‘ zusammenfassen würde. Diese Rokokoisierung hat mich sehr lange Zeit von Mozart abgebracht. Ich hatte das Gefühl, das ist ein Herold der Verkindung.“ Erst durch den Film „Don Giovanni“ von Joseph Losey sei er draufgekommen, „was für ein Wahnwitz da drin steckt: Der Typ verschwindet lieber in der Hölle, als dass er darauf verzichtet, seinen Lüsten nachzugehen. Das ist schon bei Molière eine Geschichte gewesen, aber durch Mozart kriegt sie paradoxerweise erst wirklich einen philosophischen Hintergrund, musikalisch sowieso.“

Aha-Erlebnis im Spital

Franz Schubert habe er „wirklich begriffen“, sagt Franz Schuh. Er hatte, um eine Wendung, die er in den „Radio-Proseminaren über Musik auf Ö1“ gehört habe, zu benutzen, ein „musikalisches Aha-Erlebnis“. Es betraf das Schubertlied „Am Brunnen vor dem Tore“. „Ich war immer abweisend gegenüber derart abgeschliffenem Kulturgut, das einem hineingeblasen wird und das man unter allen Umständen großartig zu finden hat.“ 

Aber dann kam 2022 die „Hölle des Spitals“, in der er für zwei Jahre gelandet sei. „Das Spital entkleidet den Menschen und reduziert ihn auf medizinisch-technische Objektivierungen“, sagt Schuh. „Und das ist so höllisch, weil man das Elend an sich selber merkt – welches anthropologisch fest verankert ist, weil fast jeder einmal dort hin gerät. Und dann höre ich Unmusikalischer dieses Lied. Da ist mir innerhalb kürzester Zeit klar geworden: Wenn Humanität eine Chance hat, dann auf diese hochsensible Art, bei der man eben das Abgebrauchte weghören muss, weil das steckt gar nicht drin. Das ist die höchste Variante von Zivilisation – ein Grund, weiter zu machen, auch wenn man die Hölle des Spitals durchmessen hat.“

Diskrepanzen erwünscht

Ildikó Raimondi wird an dem Abend, der unter dem Motto „Musik – Misuk“ steht, Lieder von Franz Schubert, Hugo Wolf und Gustav Mahler zum Besten geben. Bewusste Querverweise werde es nicht geben, meint Schuh: „Ich bin nicht jemand, der es so gern hätte, wenn alles zueinander passt. Die Diskrepanzen, die möglich sind, erfreuen mich.“

Daher wird Schuh auch über Peter Kraus und Wolfgang Ambros sprechen – als dann sehr wohl bewusste Kontrapunkte zur „High Brow“-Kultur, wie es Schuh nennt. In Letzterer hält es Schuh – was die Oper betrifft – vor allem mit einem: „Ich bin wie alle unmusikalischen Menschen wenigstens Wagnerianer, weil der eine derartige Dramaturgie hat, in die man sich hineinversetzen kann. Wobei mein musikalisches Herz, oder was davon noch übrig ist, Haydn gehört. Diese Musik ist keine Weltanschauung, sie ist für einen aristokratischen Vogel geschrieben. Das rattert einfach los.“

Original Quelle + Original Bild:

Kurier

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