Die Zahl der arbeitslosen Menschen mit Behinderungen in Österreich hat sich laut Studien in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Die Lebenshilfe Tirol kritisiert, dass noch immer viel zu wenige Menschen mit Behinderungen die Chance hätten, ihren Lebensunterhalt in einem inklusiven Arbeitsmarkt zu verdienen. Ihre Tätigkeit werde nicht als Erwerbsarbeit gewertet, wodurch die Betroffenen nicht dem Arbeitsrecht unterliegen und weder Entgelt noch andere arbeitsrechtliche Ansprüche erhalten würden.
„Tag für Tag verlässlich arbeiten, mit wenig Chancen, je am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, ist für Menschen mit Behinderungen selbst 17 Jahre nach Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention immer noch Realität“, so der Geschäftsführer der Lebenshilfe Tirol, Georg Willeit.
Forderung nach mehr Inklusion
Rund 27.000 Menschen mit Behinderungen arbeiten laut Lebenshilfe österreichweit unter prekären Bedingungen und erhalten nur ein Taschengeld. Willeit fordert Bund und Länder auf, diese Diskriminierung zu beenden und mehr für die Inklusion in den Arbeitsmarkt zu unternehmen.
Historische Forderungen bleiben aktuell
Die Forderungen nach fairer Behandlung und Inklusion von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt seien bei weitem nicht neu. Willeit verweist auf die in den 1920er Jahren gegründete „Krüppelarbeitsgemeinschaft“ (Vereinigung der Körperbehinderten Österreichs), in der sich Betroffene bereits damals für ihre Rechte einsetzten.
Unter dem Motto „Arbeit nicht Mitleid“ forderten sie einen Rechtsanspruch auf staatliche Leistungen, um menschenwürdiges Arbeiten und Wohnen zu ermöglichen. „Forderungen, die bis heute noch nicht erfüllt sind“, betont Willeit und mahnt: „Worten müssen endlich Taten folgen.“
AK warnt vor steigender Langzeitarbeitslosigkeit
Der Tag der Arbeitslosen am 30. Mai möchte auf die Situation und Bedürfnisse von arbeitssuchenden Menschen aufmerksam machen. Der Präsident der Arbeiterkammer Tirol, Erwin Zangerl, warnt angesichts dessen auch vor den Folgen der steigenden Langzeitarbeitslosigkeit. Fast jeder Dritte der rund 400.000 Arbeitslosen in Österreich ist bereits länger als ein Jahr ohne Job.
„Die Menschen wollen arbeiten, weil Arbeitslosigkeit psychisch, sozial und finanziell enorm belastet. Die Erzählung, dass es sich alle in der sozialen Hängematte bequem machen, ist vollkommen falsch und eigentlich ein Hohn gegenüber den Problemen, die diese Menschen bewältigen müssen“, sagt Zangerl.
Forderung: Nicht beim Arbeitsmarkt sparen
Der AK-Präsident kritisiert die Reduktion der Budgetmittel für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und fordert stattdessen gezielte Reformen: „Wo und wie muss ich Menschen gezielt qualifizieren, welche Beschäftigungsprogramme gibt es für Zukunftsbranchen, wie kann ich dem Mangel bei völlig unterbesetzten Branchen wie der Pflege ändern, wie können Menschen länger in Beschäftigung gehalten werden? Das sind die Fragen, die jetzt beantwortet werden müssen.“
Angespannte Situation
Die aktuelle Situation am Arbeitsmarkt könne – auch angesichts der weltweiten wirtschaftlichen Entwicklung – als durchaus angespannt gesehen werden, so die Arbeiterkammer. Österreich ist im dritten Rezessionsjahr angekommen, was sich auch am Arbeitsmarkt zeigt; die Arbeitslosigkeit in Österreich steigt seit Monaten kontinuierlich an.
Es sei jedoch nichts unternommen worden, um dieser Entwicklung erfolgreich entgegenzuwirken, so die Kritik. Im Gegenteil: Die kürzlich beschlossene Einschränkung des geringfügigen Zuverdienstes verschärfe die Situation für Langzeitarbeitslose zusätzlich.
Das österreichische Arbeitslosengeld falle im internationalen Vergleich eher gering aus. Es betrage normalerweise 55 Prozent des letzten Nettoeinkommens, liege aber durchschnittlich sogar darunter. In Kombination mit der aktuellen Teuerungswelle führe dies dazu, dass mittlerweile jeder dritte Arbeitslose und sogar jeder zweite Langzeitarbeitslose von Armut bedroht ist.
Original Quelle: