Ein Riese wächst in der Krise

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Für den wertvollsten Börsenkonzern Europas leitet der Steirer Andreas Wagner das Österreich-Geschäft. Dort wächst SAP zweistellig – inmitten einer Rezession.

Kundentermine in der Steiermark nutzt Andreas Wagner meist für Besuche im oststeirischen Elternhaus. Nach dem Interview führt ihn sein Weg wieder dorthin, bevor es am Morgen nach Wien geht. Wagners wohl wegweisendste Entscheidung der letzten Monate hat ihren Ursprung allerdings in Botswana, im Süden Afrikas. Dort erreicht den 54-Jährigen ein Anruf des Europa-Präsidenten von SAP. Also jenes Software-Konzerns, der 109.000 Menschen beschäftigt und im März erstmals zum wertvollsten börsenotierten Unternehmen in der EU avancierte. Wagner arbeitet dort seit 18 Jahren in Führungspositionen, zuletzt als globaler „Chief Business Officer“. Zuständig für sämtliche digitalisierte Lieferketten.

Sein Chef aber hat andere Pläne. Nach dem überraschenden Abgang von Christina Wilfinger wird die Position der SAP-Führung in Österreich vakant. „Du hast jetzt einen langen Heimflug, da kannst du gut überlegen. Und nach dem Heimflug sagst du es mir“, heißt es am Telefon. Wagner fliegt lange – und überlegt noch länger. Schlussendlich entscheidet er sich „gerne“ für den Bewerbungsprozess, seit 1. Jänner steht er nun an der Spitze des bald 700 Köpfe starken SAP-Teams in Österreich.

Dort wächst das Software-Haus 2024 im zweistelligen Prozentbereich. Ein Ziel, das man heuer wieder vor Augen hat. Wie das Wachstum, just in Zeiten einer Rezession, zustande kommt? „Diese Investition in die Transformation, in die Digitalisierung – sei es der Weg in die Cloud oder die Investitionen in KI – sind im Endeffekt ein intelligentes Sparprogramm“, sagt Wagner. Ein in Umbruchzeiten besonders begehrtes Vehikel. Den Umbruch lebt SAP gerade auch selbst. „Next Level Transformation“ nennt der Konzern ein Programm, das Tausende Stellen zur Disposition stellte und entfernte. Weil zugleich anderswo rekrutiert – und akquiriert – wurde, stieg in Summe aber die Mitarbeiterzahl.

Künstliche Intelligenz (KI) gewinnt intern wie extern enorm an Bedeutung. „Für die Kunden bieten wir rund 130 generative KI-Anwendungen“, sagt Wagner. Darüber hinaus könne man „30 führende KI-Sprachmodelle“ à la ChatGPT oder Gemini anbinden. Die erratische US-Wirtschaftspolitik beäugt man bei SAP genau, macht der Konzern doch 40 Prozent des Umsatzes in den USA. Aus europäischer Sicht sieht Wagner sogar Chancen. „Wir sehen ein Erwachsenwerden der EU“, befindet er mit Blick auf wachsende „Zusammengehörigkeit“. Unstete Lieferketten indes seien gekommen, um zu bleiben. „Ich glaube, wir müssen uns sukzessive auf ständige Disruptionen einstellen“, sagt Wagner. Essenziell sei es für Unternehmen deswegen, „seine Lieferkette zu digitalisieren und standardisieren“.

Was er, Wagner, der Kritik von SAP-Kunden entgegnet, die erzählen, so gut wie alle Preiserhöhungen hinnehmen zu müssen, weil der Ausstieg aus dem SAP-System zu komplex und kostenintensiv sei? „Ich kann diese Kritik nachvollziehen, klar“, meint der Manager – „wenn Sie sich über längere Zeit ein System aufgebaut haben, sind die Austrittsbarrieren natürlich etwas höher“. Zugleich sehe er im Weg in die Cloud – eigentlich dem großen SAP-Wachstumsfeld – eine Bewegung hin zu „mehr Flexibilität“. Wagner: „In der Vergangenheit haben sich viele Kunden ihre Systeme so verbaut, dass sie tatsächlich kaum herauskönnen. Momentan geht es in Richtung Standardisierung.“

Zur PersonAndreas Wagner (54) ist seit Jänner 2025 neuer Geschäftsführer bei SAP Österreich.Studium der Handelswissenschaften an der WU Wien. Danach bei Johnson & Johnson und DHL. Dort später Leiter des Change Management im DHL-Kundenservice für Europa. Seit 18 Jahren ist Wagner mittlerweile in Führungsjobs bei SAP tätig. Zuletzt globaler Chief Business Officer für digitalisierte Lieferketten.SAP (weltweit 109.000 Beschäftigte, 700 in Österreich) entwickelt Software für alle Geschäftsbereiche. Von Personal und Buchhaltung bis hin zu Vertrieb und Kundenservice.

Original Quelle + Bild:

neue.at

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