Experte plädiert für Zugriff auf die „Abfertigung neu“ erst bei Pensionsantritt und für mehrere Veranlagungsmodelle
Wien – Die betrieblichen Vorsorgekassen verwalten die Beiträge zur „Abfertigung neu“. Dieses Geld wird von den Vorsorgekassen auch veranlagt. Das soll den Wert der Abfertigung für den einzelnen Anspruchsberechtigten erhöhen. Wie gut die Performance dabei ist, hat sich Greco angesehen. Für den Branchenvergleich haben die Experten für Risiko und Versicherungsmanagement mehrere Punkte miteinander verglichen.
Vorweg: 2024 war ein gutes Jahr für die Vorsorgekassen – und damit auch für die Anspruchsberechtigten. Sie haben eine Durchschnittsperformance von 4,72 Prozent erzielt. „Die Bandbreite der sieben Kassen ist aber beachtlich“, sagt Joachim Schuller, Competence Center Manager Health & Benefits bei Greco. Die beste Vorsorgekasse hatte eine Rendite von 6,01 Prozent erwirtschaftet, die schlechteste 2,76 Prozent. Wobei das immer noch weit mehr ist, als es derzeit Zinsen für Sparguthaben bei Banken gibt. Das verwaltete Kapital der betrieblichen Vorsorgekassen wuchs im Vorjahr um 2,4 Milliarden Euro auf 21,3 Milliarden – ein Plus von 12,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Markt konsolidiert sich
Nachdem die Übernahme der Fair-Finance durch die Bonus Pensionskassen AG vereinbart wurde (Closing ausständig), werden künftig statt einst zehn nur noch sieben Anbieter am Markt sein. Die Bonus erhöht ihren Marktanteil auf rund 14 Prozent und gehört neben VBV (33 Prozent) und Valida (24 Prozent) zu den größten Marktteilnehmern.
Während es bei der Performance der Kassen also einen deutlichen Unterschied gebe, „schneiden beim Thema Nachhaltigkeit alle sehr gut ab“, sagt Schuller. Dass die Vorsorgekassen tendenziell sehr konservativ veranlagen müssen, ist für den Experten ein Performance-Nachteil. Die Aktienquote beträgt maximal 20 Prozent. Das liegt auch daran, dass alle Kassen eine Kapitalgarantie geben müssen.
Hemmnis für Performance
Auch dass in bestimmten Fällen – etwa beim Wechsel des Arbeitgebers – die Anwartschaftsberechtigen ihre Abfertigung entnehmen können, ist für Schuller ein „Konstruktionsfehler“. Das hemme eine langfristigere Veranlagungsstrategie. Der Experte plädiert im Gespräch mit dem STANDARD daher dafür, dass der Zugriff auf die Abfertigung erst mit dem Pensionsantritt möglich sein sollte.
Ebenso wäre es für Schuller wünschenswert, „dass es zumindest zwei Veranlagungsstrategien gibt, aus denen gewählt werden kann“. So könnten jüngere Menschen sich für einen Ansatz entscheiden, der eine höhere Aktienquote erlaubt, und später auf ein konservativeres Modell wechseln. Hier schaffe die BMSVG-Novelle 2024 mehr Flexibilität – und zwar bei der Veranlagung in Alternative Investmentfonds (AIFs) und in Derivate. Dies ermögliche, gezielter auf Marktentwicklungen zu reagieren und das Portfolio breiter aufzustellen.
Schuller ermutigt auch die Arbeitergeber, die Performance der Vorsorgekasse im Blick zu halten und gegebenenfalls zu wechseln. Dieser Wechsel verursache keine Kosten. Es gilt lediglich die dafür vorgesehene Frist einzuhalten: Wer per 1. Jänner 2026 wechseln möchte, muss bis zum 30. Juni 2025 die nötigen Formalitäten erledigen – also die entsprechenden Formulare ausfüllen.
Neue Ideen
Aktuell gewinnt die Diskussion rund um die Einführung eines sogenannten Generalpensionskassenvertrags wieder an Bedeutung. Damit sollen alle Beschäftigten, die Anspruch auf eine „Abfertigung neu“ haben, die Möglichkeit erhalten, das angesparte Kapital nicht nur als Einmalzahlung mit sechs Prozent, sondern alternativ als lebenslange steuerfreie Rente zu beziehen. Davon würden aktuell vor allem Gut- und Besserverdiener profitieren, da nur diese über entsprechend hohe Guthaben für eine Verrentung verfügen.
Für die Pensionsvorsorge würden die betrieblichen Vorsorgekassen einen wichtigen Beitrag leisten. Klar sei aber auch, dass es für einen finanziell abgesicherten Lebensabend mehr Kapital brauchen werde als bisher angenommen. Man werde „bunter und kreativer denken müssen“, sagt Schuller. Der Blick nach Dänemark oder Norwegen zeige, dass die kapitalgedeckte Pensionsvorsorge funktioniere. Klar sei aber auch, dass die Früchte einer Umstellung sich nicht sofort zeigen würden. Dennoch müsse einmal damit gestartet werden, um den Staatshaushalt zu entlasten. Zuletzt musste die Republik bereits 30 Milliarden Euro in das staatliche Umlageverfahren für die Pensionen zuschießen. (Bettina Pfluger, 30.4.2025)
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