Der „Tag der Arbeit“ brachte die Politik am Donnerstag auf die Straße. Die größte Mai-Kundgebung stieg wie üblich in Wien, wo zehntausende Sympathisanten der Sozialdemokraten aus allen Bezirken auf den Rathausplatz zogen.
Die Sprüche „Hoch der 1. Mai“ und „Wir in Wien halten zusammen“ flankierten die große Bühne vor dem Wiener Rathaus. Als erstes marschierten die Genossinnen und Genossen aus Floridsdorf kurz nach 9 Uhr beim traditionellen Maiaufmarsch der SPÖ ein- allen voran der strahlend lächelnde, winkende und Daumen nach oben streckendende Bürgermeister Michael Ludwig.
Jubel bei der SPÖ
Nach einem holprigen Start ist das Jahr 2025 bisher äußerst erfolgreich für die Roten verlaufen – sie sind in der Bundesregierung, Burgenland blieb klar in der Hand der Sozialdemokraten. Ebenso Wien, wo erst am Sonntag die klare Vormachtstellung der SPÖ einzementiert wurde. Die gute Laune ist also mehr als greifbar.
Die fast euphorisch klingende Anmoderation über Errungenschaften und Positionen, wurde flankiert von Blasmusik und – je nach Extrovertiertheit der unterschiedlichen Sektionen – von mehr oder weniger lauten Jubelrufen.
Der Tag steht unter dem Motto „Wir in Wien halten zusammen“ – ein Leitspruch, auf den der Wahlkampf Ludwigs auch abgestimmt war.
Die Themen, die während der Einzüge auf der Bühne angesprochen wurden, reichten von großen gesellschaftlichen Fragen, wie Menschenrechten oder Gleichstellung von Frauen, bis hin zu kleinen Errungenschaften im unmittelbaren Lebensbereich der Wienerinnen und Wiener – die Josefstädter freuen sich etwa, dass „die langen Wege zum WC am Hamerlingplatz vorbei sind.“
Apropos Menschenrecht: Einige wenige Kritiker waren auch gekommen. Vor dem Burgtheater sieht man ein Transparent, auf dem geschrieben steht „SPÖ=FPÖ? Familiennachzug ist Menschenrecht“.
Während es noch dauerte, bis die Festreden begannen, war im Publikum Zeit, um zu politisieren. In den Flächenbezirken ist man besonders froh, dass man sich gegen die FPÖ durchsetzen konnte.
„Wir hatten schon Angst“, sagt jemand aus Floridsdorf. Wie man sich erklärt, dass man sich durchsetzen konnte? „Durch das viele Reden mit den Wienerinnnen und Wienern und weil viele gesehen haben, dass Herbert Kickl und die Blauen gar nichts verändern wollen, sonst würden sie ja im Bund regieren.“
Wünsche an die neue Stadtregierung – derzeit laufen die Sondierungsgespräche – sieht man auf den Plakaten aber auch. Zum Beispiel: „Das Rote Wien ist besser ohne Neo(s)-Liberale“.
Ein Bollwerk gegen rechtsextreme Strömungen
Schlussendlich aber geht es am 1. Mai auch um die traditionellen Festreden – und dabei heuer besonders um die geschlagene Wahl: „Es ist ein großer Feiertag“, sagt Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). „Am Wahlabend habe ich mir den Stadtplan angeschaut: Alle 23 Bezirke waren rot und das seit vielen Jahren. Bei 95 Prozent der Sprengelergebnisse ist die SPÖ vorne, das haben wir gemeinsam geschafft“. Lauter Jubel war ihm sicher.
Bürgermeister Michael Ludwig gab der FPÖ beim Maiaufmarsch der SPÖ einen klaren Korb
Das wichtigste aber sei ein gemeinsames Europa, so Ludwig. „Weil wir unser Demokratiemodell, dass wir über Jahrhunderte erkämpft haben, erhalten wollen. Wir sind ein Bollwerk gegen rechtsextreme Strömungen und autoritäre Regime.“
Den lautesten Jubel brachte das „Nein“ zur FPÖ
Am lautesten brach der Jubel aber über die Menge als Ludwig versprach: „Keine Koalition mit der FPÖ.“ Und weiter: „Man kann darüber lachen, dass sie mich mit einem nassen Fetzen aus dem Rathaus jagen wollten, sie sind nur halb so stark. Aber wie sie denken und reden macht mich nachdenklich“. Ludwig verweist auf seinen Vorgängern Karl Seitz, der im Nationalsozialismus in seinen Amtsräumen verhaftet wurde.
Zur Sprache brachte Ludwig aber auch die Frauenrechte: „Frauen müssen und sollen selbst über ihren Körper entscheiden. Wir müssen vor reaktionären Kräften aufpassen. Nicht mit uns, liebe Genossinnen“. Danach ging Ludwig auf Errungenschaften bei Gesundheit, Bildung und Sicherheit ein und versprach weitere Schritte in der kommenden Legislaturperiode.
Gutes Wahlergebnis durch „sozialdemokratische Power“
AK-Präsidentin Renate Anderl fügte dem hinzu, dass es gigantisch sei, dass hier am Rathausplatz „sozialdemokratische Power“ spürbar sei. „Diese Power sei auch der Grund für das gute Wahlergebnis“, sagt sie.
AK-Präsidentin Renate Anderl
„Wir können feiern, dass Wien standgehalten hat“, sagt auch die Vorsitzende der Wiener SPÖ-Frauen Marina Hanke. „Es gibt international eine Welle rechter Männer, gegen die Wien standgehalten hat.“ Donald Trump, Viktor Orbán und „unser kleiner Kulturkämpfer Herbert Kickl“ seien ein Sicherheitsproblem für die Welt, sagt Hanke.
„Wahlergebnis stärkt ganze Republik“
Vizekanzler Andreas Babler wird mit lautem Jubel und „Andi, Andi“-Rufen begrüßt. „Das Wahlergebnis stärkt nicht nur Wien, sondern die ganze Republik“, sagt er. Es sei nicht nur ein persönlich wichtiger Moment, als Arbeiterkind Vizekanzler zu werden. „Aufstiegschancen zu haben, das ist der Geist der Sozialdemokratie.“
Babler streute nicht nur Ludwig Rosen – er rollte auch den roten Mitgliedern der Bundesregierung verbal den roten Teppich aus. Etwa so: „Wir haben Soziales endlich wieder in der Hand“ oder „Wir haben den besten Finanzminister seit Jahrzehnten“.
Den Abschluss der Reden macht, ganz gemäß des Mottos Zusammenhalt, ein gemeinsames Baden von Babler und Ludwig im Applaus. Danach singt der ganze Rathausplatz das „Lied der Arbeit“ und die „Internationale“.
Kundgebungen in ganz Österreich
Traditionell ist der 1. Mai freilich ein Hochamt der linken Parteien. Neben dem Aufmarsch in Wien gibt es in sämtlichen anderen Bundesländern Kundgebungen der Sozialdemokraten. In Graz werden die Blicke aber ebenso der KPÖ gelten, die in der steirischen Landeshauptstadt mit Elke Kahr die Bürgermeisterin stellt. Die Kundgebungen der beiden Parteien finden nur wenige Gehminuten voneinander statt.
Die FPÖ hält ihre Kundgebung in Linz in einem Festzelt ab
In Linz am Urfahraner Frühlingsmarkt hält indes die FPÖ ihre Kundgebung in einem Festzelt ab. Neben Landeschef Manfred Haimbuchner wird auch Bundesparteiobmann Kickl in der oberösterreichischen Landeshauptstadt erwartet.
Klarheit: Die wichtigsten Begriffe
SPÖ steht für Sozialdemokratische Partei Österreichs. Gegründet wurde sie 1889 in Hainfeld (NÖ) als Sozialdemokratische Arbeiterpartei, ihre Wurzeln liegen in der Arbeiterbewegung. Die Parteifarbe ist Rot.
In Österreich zählt die SPÖ zu den sogenannten linken Parteien; im Grundsatzprogramm von 1998 bekennt sie sich zu den Werten Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Vollbeschäftigung. Säulen der Partei sind auch die Vertreter aus Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaftsbund (ÖGB). Seit 1945 stellt die Wiener SPÖ durchgehend den Bürgermeister – aktuell ist das Michael Ludwig.
(Agenturen, best)
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