Von Rot auf Grün: Warum die SPÖ in Wien Margareten verlor

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Zuerst einmal liege es an den nicht-österreichischen EU-Bürgern. Es seien nämlich ihre Wahlkarten, die den Grünen am Montag – zu diesem Zeitpunkt wurden die EU-Briefwähler ausgezählt – zum Sieg verholfen haben. „Man kann den Grünen nur für ihren Wahlkampf gratulieren. Sie haben die EU-Bürger personalisiert angeschrieben, sogar in verschiedenen Sprachen“, sagt Lipinski. Er selbst sei Wahlbeisitzer gewesen, habe dabei bemerkt, dass sehr viele, sehr junge EU-Bürger zur Wahl gekommen seien.

25,7 Prozent EU-Bürger

Und tatsächlich: Betrachtet man die Zahl der Wahlberechtigten bei der Bezirksvertretungswahl in Margareten, sind 25,7 Prozent davon EU-Bürger. Und ein Großteil hat die Grünen gewählt (siehe Grafik). „Das ist etwas, das wir massiv unterschätzt haben“, sagt Lipinski.

Dass aber nur EU-Bürger wahlberechtigt sind, findet er nicht gerechtfertigt: „Ich bin absolut der Meinung, dass Leute, die keine EU-Bürger sind aber schon lange in Wien leben, auf Bezirksebene wählen dürfen sollten. Und nicht nur die deutschen Studenten, die seit einem halben Jahr hier leben.“ Die zwei Wählergruppen hätten ganz unterschiedliche Bedürfnisse.

Nur an den EU-Bürgern habe es aber nicht gelegen, dass der Bezirk verloren ging. Auch der vorgezogene Wahltermin sei „toxisch“ gewesen. Man habe von der Vorverlegung nichts gewusst, weshalb der personelle Wechsel an der Spitze der Margaretener SPÖ sehr nahe an den Wahltermin rückte. Wie berichtet, wurde dabei die bisherige Bezirksvorsteherin Silvia Jankovic bei einer Abstimmung abgesägt und Christoph Lipinski installiert. Ein späterer Wahltermin, ist sich Lipinski sicher, hätte ein anderes Ergebnis gebracht.

Die Betonierer?

Auch deshalb, weil vor der Wahl nicht genügend Zeit zur Verfügung gestanden sei, um Unklarheiten zu bereinigen. „Wir sind im Wahlkampf als die Betonierer dargestellt worden“, sagt Lipinski.

Zur Vorgeschichte: Der Margaretenplatz sollte umgestaltet werden, auch eine Bürgerbefragung habe es gegeben. Die Pläne wurden dann allerdings ob des Wahlkampfs kurzzeitig nicht weiterverfolgt. Das hätten die Grünen genutzt, sagt Lipinski. Sie selbst bombardierten die Wähler mit Umgestaltungsplänen – laut Lipinski allesamt „nicht realisierbar.“ Man könne keine Verkehrshauptadern lahmlegen und nur Bäume pflanzen.

Der letzte Grund, den er für die Umfärbung im Bezirk benennt, ist „das Informationsvakuum“. Man habe von Bürgern gehört, dass die vorherige Bezirksvorstehung – also Silvia Jankovic (SPÖ) – viele Anraineranfragen unbeantwortet gelassen habe. Jankovic selbst dementiert dies: „Ich habe jede einzelne Bürgerinnenanfrage beantwortet und das ist auch protokolliert.“

Ansprache der EU-Bürger „sollte nicht überraschen“

Kritik für seine Aussagen erntet Lipinski auch vom designierten Margaretener Bezirksvorsteher Michael Luxenberger (Grüne): Dass die Grünen bei den EU-Bürgern stark sind, sollte nicht überraschen, sagt er. Die direkte Ansprache dieser Wählergruppe werde seit Jahren praktiziert und über die Landesorganisation abgewickelt. Nur eine Postkarte anlässlich der deutschen Bundestagswahl im Februar habe die Bezirkspartei ausgegeben: „Viele EU-Bürger wissen nicht, dass sie bei der Bezirksvertretungswahl wählen dürfen“. Bezüglich der Verkehrsberuhigung sagt Luxenberger, dass ein Gesamtverkehrskonzept nötig sei. Das schaue man sich jetzt an.

Für den Wahlkampf haben die Grünen in Margareten insgesamt etwa fünfmal so viel ausgegeben wie die SPÖ. Und wie wird es bei den Roten nach dem Verlust des Bezirks weitergehen? „Wir werden unsere Kommunikation verbessern müssen“, sagt Lipinski.

Original Quelle + Original Bild:

Kurier

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