Kuriose Geschichten aus dem Prater: Hier trägt sogar der Kaiser ein Flinserl

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Alexander Van der Bellen plaudert mit Kaiser Franz Joseph, während Helmut Qualtinger der legendären Elizabeth T. Spira ein Interview gibt und Elfriede Jelinek versucht, ein paar Prostituierten ihre Bücher zu verkaufen.

Es gibt nur einen Ort, an dem das möglich ist: der Prater. Genauer gesagt: das Pratermuseum. Im Foyer zeigt ein 100 Quadratmeter großes Wimmelbild mit 800 Figuren (darunter 100 Promis, etwa die oben erwähnten) die vielen Gesichter des Praters. Am 1. Mai gibt es ja traditionell das große Maifest, doch da es über den Prater auch viel Kurioses zu wissen gibt, lädt das Pratermuseum von 2. bis 4. Mai zu Führungen und Vorträgen (siehe unten).

Die 260-jährige Geschichte des Praters gleicht einer Achterbahn. Einst nur dem Kaiser zugänglich, wurde er 1766 von Joseph II. für die Allgemeinheit geöffnet. „Die ersten Wirte haben sofort Limonadenstände und Ringelspiele eröffnet“, beschreibt Susanne Winkler, Historikerin und Kuratorin des Pratermuseums. Als Dank für seinen Verdienst erhielt die Büste von Joseph II. im Museum übrigens ein glitzerndes Flinserl – wo sonst dürfte ein Kaiser Flinserl tragen, wenn nicht im Prater.

Historikerin Susanne Winkler vor dem mächtigen Wimmelbild im Pratermuseum.

Im Zuge der Industrialisierung kam unsere heutige Vorstellung von Freizeit auf – Menschen sollten sich erholen, um für die Arbeit gestärkt zu sein. Das wurde im Prater ermöglicht. „Er wurde zum Treffpunkt für alle – ob arm oder reich“, betont Winkler.

Die Weltausstellung, die doch kein Fiasko war

1873 wurde die Weltausstellung in den Prater geholt: In nur zwei Jahren entstand ein gigantisches Ausstellungsgelände samt Rotunde. „Sie wird oft als Fiasko bezeichnet, obwohl sie das nicht war“, erklärt Winkler. Anstelle der erwarteten 20 Millionen Besucher kamen „nur“ sieben Millionen. Gründe waren der Börsencrash von 1873 sowie eine Cholera-Epidemie.

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Im Pratermuseum gibt es ein Modell des Ausstellungsgeländes, das damals errichtet wurde. 

Doch danach ging es wieder steil bergauf: Mit „Venedig in Wien“ eröffnete 1895 im Prater einer der ersten Themenparks der Welt. Auf 50.000 m² wurden Palazzi und Kanäle nachgebaut – zwei Millionen Gäste kamen allein im ersten Jahr. Um die Besucher bei Laune zu halten, wurden jedes Jahr neue Attraktionen errichtet: 1897 zum Beispiel das Riesenrad.

Arm und Reich, schön und deformiert, Vergnügen und Verbrechen – alles hat(te) im Prater Platz. 

Ein echtes Affentheater

Es gab hier das später sprichwörtlich gewordene Affentheater mit trainierten Schimpansen. Und einen Flohzirkus: Mit Pinzetten wurde den zwei Millimeter kleinen Tieren ein Geschirr umgebunden. Durch eine Lupe konnte man zusehen, wie sie einen winzigen Wagen ziehen.

Gezeigt wurden Frauen mit Extrembehaarung, Löwendompteure oder ein Mann, der lebende Mäuse schluckte

Und es gab Nikolai Kobelkoff, der 1851 in Minsk ohne Arme und Beine zur Welt kam. „Er war geschickt und hat ohne Hände gemalt und Wein eingeschenkt“, sagt Winkler. Er zog mit einem Jahrmarkt um die Welt und verliebte sich im Prater in eine Frau. Das Paar bekam sechs Kinder (alle ohne Handicap) – seine Ururenkelin Silvia Lang ist heute Präsidentin des Praterverbands.

2. Mai
16.30 Uhr: Führung durch das Pratermuseum mit Susanne Winkler.

18.15 Uhr: Vortrag „Der Psychoanalytiker im Wurstelprater“.

19.15 Uhr: Vortrag „Der Kasperl. Vom Freigeist, Republikaner und Nazi zum Kinderliebling“.

3. Mai
13 Uhr: Führung „Mozart, Hader Jelinek: Der Prater in Literatur, Film und Musik“.

14 Uhr: Führung „Der Prater und die  Weltausstellung 1873“.

4. Mai
16 Uhr: Führung „Bissige Akrobaten: Flohzirkus im Prater“.

17 Uhr: Führung „Meine Praterfamilie“ mit Silvia Lang.

Anmeldung
Keine Anmeldung nötig. Das volle Programm finden Sie unter 
wienmuseum.at/pratermuseum

So mancher mag die Zurschaustellungen kritisch sehen. „Man kann es aber auch so sagen: Der Prater war ein Zufluchtsort für alles außerhalb der Norm“, so Winkler.

Einer, der sein Herz an den Prater verloren hat

Einer der vielen, der der Faszination Prater erlag, war Stadtforscher Hans Pemmer. 1933 eröffnete er in seiner Wohnung ein Pratermuseum. „1964 war die Wohnung aber so überfüllt, dass er zu Freunden ziehen musste“, so Winkler. 

Vor 80 Jahren, Ende des Zweiten Weltkriegs, brannte ein Großteil des Praters ab. Tausende Objekte sind nur dank Pemmers Sammlung erhalten, die Highlights sind im Pratermuseum zu besichtigen – etwa ein Watschenmann oder die eindrucksvolle Karussell-Figur Fortuna.

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Die Karussell-Figur Fortuna (rechts im Bild) passte kaum in die Wohnung des Stadtforschers Hans Pemmer: Wenige Zentimeter fehlten vom Kopf der Figur bis zur Decke.

Nach dem Krieg wurde der Prater wieder aufgebaut, wobei es ab den 1970er-Jahren erneut bergab ging: Der zunehmende Tourismus und das Fernsehen wurden zu ernsthaften Konkurrenten; die Gäste blieben aus. 

Doch auch diesmal ging es erneut bergauf: 2023 verzeichnete man einen neuen Rekord mit sieben Millionen Besuchern.

Original Quelle + Original Bild:

Kurier

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