Ein 56-jähriger Steirer ist am Mittwoch im Grazer Straflandesgericht wegen mehreren Bomben, die er gebaut und bei den Zeugen Jehovas deponiert hatte, zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der IT-Techniker hatte eigentlich seine Ex-Frau töten wollen, gestand er bei dem Prozess. Andere Sprengsätze seien als Ablenkungsmanöver gedacht gewesen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Zu Beginn des zweiten Verhandlungstages zeigte sich noch mehr Andrang im Zuschauerraum als am ersten Tag.
Die Sitzplätze im großen Schwurgerichtssaal des Straflandesgerichts waren gut gefüllt. Auch die Ex-Frau des Angeklagten sowie die gemeinsame Tochter wollten am Mittwoch dabei sein.
Am Montag hatten beide noch ihre Befragung ohne Anwesenheit des Beschuldigten gewünscht, weil sie ihn angeblich nicht sehen wollten. Als sie am Mittwoch in den Saal kamen, sprach sie der vorsitzende Richter Andreas Rom an, weshalb sie denn nun kein Problem mehr hätten, den Angeklagten zu sehen. Daraufhin verließen beide wieder den Gerichtssaal.
„Wollte meine Frau umbringen“
Anschließend waren die leitenden Ermittler am Wort. Jener Beamte, der den IT-Techniker nach der Festnahme als erstes befragte, gab an: „Wir haben ihn bei der Arbeit festgenommen. Wir versuchten es still über die Bühne zu bringen.“
Dafür sei der Beschuldigte dankbar gewesen. Er habe sich gleich kooperativ gezeigt und sofort gesagt, er wisse, weshalb sie ihn mitnehmen: „Ich wollte meine Frau umbringen“, habe er gesagt. Noch bevor er ausführlich befragt worden sei, habe sich der 56-Jährige erkundigt, ob die Bombe am Auto seiner Ex-Frau schon gefunden worden sei. Erst da sei es dann umgehend zu Sicherheitsmaßnahmen in Graz gekommen, wo die Frau mit dem Auto zu diesem Zeitpunkt unterwegs war.
Bei der Vernehmung habe sich der Verdächtige sehr klar geäußert und Angaben gemacht, mit denen die Ermittler gut arbeiten konnten. Er lehnte zunächst auch einen Verteidiger ab und machte seine erste Aussage ohne Anwalt. Der Ermittler schilderte, dass die gesamte Abteilung schon nach den ersten Rohrbomben im August 2023 „unter Spannung“ gestanden sei: „Der Aufwand war enorm.“
Die Situation sei als Gefahr für die Zeugen Jehovas erkannt worden. Erst nach der Festnahme habe sich gezeigt, dass der Mann offenbar „nur“ seine Ex-Frau töten wollte, erklärte der Ermittler, ohne dabei despektierlich sein zu wollen.
Ex-Frau fuhr rund sechs Wochen mit Bombe im Auto
Der Beamte wurde auch wegen einer Ermittlungspanne befragt, denn die Bombe am Auto der Ex-Frau wurde bei der ersten Überprüfung nicht entdeckt und auch die Sprengstoff-Hunde schlugen nicht an. Daher waren die Frau sowie die Kinder des ehemaligen Ehepaares noch weitere Wochen mit der Bombe im Pkw unterwegs. Der Ermittler gestand ein, dass die Bombe daher insgesamt sogar sechs Wochen am Wagen montiert war.
Der Beschuldigte indessen gab auf die Nachfrage des Richters an, dass er nicht gewusst habe, dass auch seine Tochter und sein Sohn mit dem Wagen der Mutter gefahren sind: „Es gab ja keinen Kontakt.“
Sicherheitsmaßnahmen bei Zeugen Jehovas
Die aktenführende Beamtin in dem Fall erklärte, dass die Zeugen Jehovas nach den ersten Rohrbomben in Leibnitz eingeschult wurden, worauf sie achten sollten. „Es hat auch innerhalb der Glaubensgemeinschaft Schulungen gegeben.“
Es wurden auch bei sämtlichen 25 Königreichssälen in der Steiermark Kameras montiert. Die Kosten dafür habe die Religionsgemeinschaft selbst getragen. Dafür wurde ein obligatorischer Schadenersatz gefordert.
Schlussplädoyers und anschließende Beratung
Staatsanwältin Patricia Weber forderte in ihrem Schlussplädoyer eine Verurteilung wegen des Verbrechens der terroristischen Straftaten. „Ich konnte kein reumütiges Geständnis erkennen. Wir haben hier einen eiskalten und empathielosen Angeklagten erlebt.“ Sie habe nie gehört, dass ihm etwas leid tue. „Es gibt viele Familien mit Scheidungen und Unterhaltsstreitigkeiten, aber nichts kann rechtfertigen“, was der Beschuldigte getan habe. Er habe nicht nur seine Ex-Frau töten wollen, sondern sorgte für ein „Angst-Klima“ unter den Zeugen Jehovas, sagte die Anklägerin. Es könne nur eine lebenslange Freiheitsstrafe geben.
Der Verteidiger des 56-Jährigen stellte den Fall für die Geschworenen anders dar: „Sitzt da ein terroristischer Massenmörder oder jemand, der von seiner Ex-Frau in den Wahnsinn getrieben wurde?“ Außerdem habe das psychologische Gutachten festgestellt, dass er „kein Hochrisikotäter“ sei. Warum sollte er daher neben dem Tod seiner Ex-Frau auch den Tod von 34 weiteren Menschen billigend in Kauf genommen haben? Das passe nicht zusammen.
(Agenturen, eh)
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Aktualisiert vor 5 Minuten
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