Ex-Finanzminister Grasser hat Privatinsolvenz beantragt und dürfte bald seine Haft antreten. Ein Blick auf den Fall des einstigen Strahlemanns.
Von Christina Traar
Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget“, erklärt Karl-Heinz Grasser, mit kurzen Haaren und randloser Brille, im Oktober 2000 im Parlament. Der junge Mann, der damals für die FPÖ als Finanzminister in der Regierung sitzt und seine erste Budgetrede hält, gilt da bereits als große Polit-Hoffnung. 25 Jahre später, weniger als 100 Meter vom Parlament entfernt, bestätigt der Oberste Gerichtshof rechtskräftig Grassers Schuldspruch wegen Untreue und Geschenkannahme. Wenige Wochen später beantragt er Privatinsolvenz.
Dabei ging es für den gebürtigen Kärntner viele Jahre nur in eine Richtung: nach oben. Mit 23 lernt er Jörg Haider im Autohaus der Familie kennen. Der Student fällt Haider auf, er holt ihn als parlamentarischen Mitarbeiter in den FPÖ-Klub und wenig später in die Kärntner Landesregierung. Obwohl er später mit seinem „Entdecker“ bricht, bringt ihn Haider unter Schwarz-Blau in den Chefsessel im Finanzministerium. Nach einem Knittelfeld-bedingten Rücktritt kehrt er unter Wolfgang Schüssel und ohne FPÖ-Ticket ins Ministerium zurück.
Mit Grasser hält ein neuer Polit-Stil Einzug. Sein Äußeres und seine gewählte Art, sich auszudrücken, bescheren ihm viel Zustimmung. Weniger elegante Dinge wie hohe Bezüge neben dem Polit-Gehalt gehen unter. Als Grasser 2005 die Swarovski-Erbin Fiona Pacifico Griffini heiratet, wird die Hochzeit (wie einige private Urlaube) zum medialen Event. Damals steht Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger als Trauzeuge neben ihm. Auch dieser wird Jahre später, wieder an Grassers Seite, schuldig gesprochen.
Und zwar in einer Causa, die sich in Grassers Zeit als Finanzminister zuträgt. Im Zuge der Privatisierung der Bundeswohnungsgesellschaften 2003 und der Einmietung der Finanz in den Linzer „Terminal Tower“ flossen Provisionszahlungen. Während Grasser längst in die Privatwirtschaft gewechselt ist, tauchen Ungereimtheiten von damals auf und die inzwischen verstorbene Grünen-Abgeordnete Gabriele Moser bringt 2009 die ersten Buwog-Anzeigen ein. Es folgen jahrelange Ermittlungen, bis die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft 2016 Anklage erhebt. Der Prozess beginnt 2017, drei Jahre und 168 Verhandlungstage später werden Grasser, Meischberger und der frühere Lobbyist Peter Hochegger schuldig gesprochen, sich „zum Schaden der Republik“ bereichert zu haben.
Grasser, der wie Meischberger seine Unschuld beteuert, legt dagegen Rechtsmittel ein, die Causa landet vor dem Obersten Gerichtshof. Dieser bestätigt im April die Schuldsprüche gegen die drei Hauptangeklagten, reduzierte jedoch die Strafe deutlich – Grasser erhält vier Jahre. Die Entscheidung wurde schriftlich bereits zugestellt, noch ausständig ist die Aufforderung zum Strafantritt, sagt Grassers Anwalt Manfred Ainedter. Trudelt diese ein, muss er binnen eines Monats die Haft antreten, wahrscheinlich in der Justizanstalt Innsbruck, da Grasser in Tirol gemeldet ist.
Auch dessen Antrag auf ein Schuldenregulierungsverfahren beim Bezirksgericht Kitzbühel bestätigt Ainedter. „Grasser hat angesichts hoher Verfahrenskosten und fehlender Einnahmen keine andere Wahl.“ Denn: Grasser und Meischberger müssen der Republik 9,8 Millionen Euro Schadenersatz zahlen. Der Antrag wird nun geprüft, laut Experten könnte Grasser dank einer Sonderregelung im Insolvenzrecht dem Schadensersatz nur dann entkommen, wenn er sich mit der Finanzprokuratur auf einen Zahlungsplan einigt.
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