Die Aussichten hatten sich zuletzt etwas eingetrübt, doch Trumps Ankündigungen sorgen für positive Stimmung. Die Sanktionen werden bereits weniger rigide umgesetzt, sagt Ökonom Vasily Astrov
Die trüben Aussichten für Russlands Wirtschaft haben sich aufgrund der Politik von US-Präsident Donald Trump zuletzt wieder deutlich aufgehellt. Das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) hat die BIP-Prognose für das Land in seiner Frühjahrsanalyse nach oben revidiert – auf zwei Prozent Wachstum für das Jahr 2025.
„Angesichts der bisher erstaunlichen Resilienz der Wirtschaft gegenüber den sehr hohen Zinsen“ und in „Aussicht auf eine teilweise oder vollständige Aufhebung der US-Sanktionen“ gebe es eine „deutliche Aufhellung der konjunkturellen Perspektiven“, heißt es in der am Dienstag präsentierten Studie. Für 2026 rechnet das WIIW mit einem Wachstum von 2,5 Prozent. Zum Vergleich: In der Winterprognose rechnete das Institut noch mit 1,6 Prozent.
Grund für die Korrektur sind Trumps Ankündigungen, im Fall eines Waffenstillstands in der Ukraine wieder verstärkt mit Russland zu kooperieren, etwa bei Ölförderprojekten in der Arktis. „Sollte es tatsächlich zu einem Waffenstillstand oder Friedensabkommen in der Ukraine kommen, wäre die wirtschaftliche Isolierung Russlands durch die USA wohl zu Ende“, sagt WIIW-Ökonom Vasily Astrov. Damit würden auch wieder US-Kapital und amerikanische Technologie ins Land fließen. Allein diese Aussicht beflügelte zuletzt die russischen Finanzmärkte und den Rubel.
Laschere Sanktionen
Laut Astrov macht sich zudem schon jetzt bemerkbar, dass die Sanktionen nicht mehr mit derselben Konsequenz umgesetzt werden wie vor Trumps Amtsantritt. So sei etwa die Kontrolle der russischen „Schattenflotte“ gelockert worden, die Russland dabei hilft, sein Öl zu exportieren. Die westlichen Sanktionen sehen ja einen Preisdeckel für russische Ölexporte vor. Die Flotte von mehreren Hundert Schiffen, die unter der Flagge anderer Staaten fahren, soll dabei helfen, diese Sanktionen zu umgehen.
Erdöl ist nach wie vor das wichtigste Exportgut Russlands. Zuletzt sind die Preise am internationalen Markt gesunken und damit auch die russischen Staatseinnahmen. „Aber das Budget ist nicht mehr so abhängig von den Öleinnahmen wie in der Vergangenheit, und das eventuell höhere Budgetdefizit könnte problemlos finanziert werden“, sagt Astrov.
Überhitzte Wirtschaft
In den vergangenen Jahren hat der russische Staat Milliarden in die eigene Kriegswirtschaft gepumpt und die Wirtschaft überhitzt. 2024 lag das Wachstum bei 4,1 Prozent, die Löhne sind stark gestiegen. Die Folge waren eine hohe Inflation, hohe Zinsen und eine straffe Geldpolitik.
Laut dem WIIW, das sich auf Analysen Osteuropas spezialisiert hat, könnte nun eine Trendwende einsetzen. Die Inflation dürfte sich mit zehn Prozent ihrem Höhepunkt nähern, was eine allmähliche Lockerung der Geldpolitik ab Mitte 2025 ermöglichen dürfte, heißt es in der aktuellen Frühjahrsprognose. Das Wachstum dürfte in den kommenden Jahren also insgesamt deutlich niedriger ausfallen als noch 2024. Ganz so schlimm dürfte es aber eben doch nicht werden – aufgrund der positiven Stimmung, die Trump in Russland verbreitet.
Ob die mögliche Lockerung der US-Sanktionen tatsächlich zu einem neuerlichen Schub für die russische Wirtschaft führt, liegt freilich auch in den Händen des US-Präsidenten, der zuletzt wieder von neuen Sanktionen gegen Russland gesprochen hat, sollte sich das Land nicht auf einen Deal mit der Ukraine einlassen. In Abwandlung eines geflügelten Wortes könnte man sagen: Prognosen sind schwierig – vor allem, wenn sie Trump betreffen. (Jakob Pflügl, 29.4.2025)
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