Der riesige Langstreckenbomber mit sieben Mann Besatzung wurde über dem Rossfeld beim Hohen Göll von der Granate getroffen. Diese stammte aus einer der schweren Fliegerabwehrkanonen (Kaliber 88 Millimeter), mit denen Hitlers SS-Leute die Flieger der Alliierten hier empfingen. Die viermotorige Lancaster war Teil einer Flotte von mehr als 300 Bombern dieses Typs. Zu dem britischen Verband gehörten laut dem Salzburger Historiker Wolfgang Wintersteller auch 16 kleinere Jagdbomber des Typs De Havilland Mosquito.
Die heurige Gedenkfeier zum 80. Jahrestag beginnt am kommenden Freitag, 25. April 2025, um 10.00 Uhr beim Anwesen des Schwarzenbachbauern im Adneter Ortsteil Spumberg. Die Bevölkerung sei eingeladen, sagt Bürgermeister Wolfgang Auer.
Gestartet auf ihren Stützpunkten im südlichen England legten diese mehr als zweitausend jungen Männer – wenige Tage vor dem Kriegsende in Europa – das Hauptquartier Hitlers, sein Privathaus, die benachbarten Anwesen höchster NS-Funktionäre und die Kasernen der SS auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden in Schutt und Asche.
Vier Tote, drei Überlebende
Der Kommandant und Pilot des abstürzenden Lancaster-Bombers hieß Wilfred De Marco. Er stammte aus Timmins (Provinz Ontario, Kanada) und starb durch Splitter der deutschen Flak-Granate direkt beim Beschuss, ebenso sein englischer Navigator Norman Johnston. In weitem Bogen und steilem Sinkflug raste die Maschine dann vom Berchtesgadener Land über die österreichische Stadt Hallein hinweg gegen die östliche Seite des Salzachtales, wo sie beim Ortsteil Spumberg auf dem Berghang des 1.700 Meter hohen Schlenken über dem Bergdorf Adnet zerschellte. Sie hatte noch viel Flugbenzin für den Rückflug an Bord, der sich – wie durch ein Wunder – nicht entzündete.
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Zu geringe Absprunghöhe, tödliche Verletzungen
Maschinengewehr-Schütze Edward Norman starb beim Aufprall in der Glaskanzel am Bug. Sein im hinteren Teil der Lancaster – ebenfalls als Gunner – stationierter Kamerad Gordon Walker war mit dem Fallschirm abgesprungen. Der konnte sich wegen der geringen Flughöhe nur noch teilweise öffnen.
So kam Walker unweit eines Bauernhauses auf einem Hang zu liegen, rief um Hilfe und verstarb wenig später, nachdem ein Einheimischer versucht hatte, dem Schwerstverletzten zu helfen. Die vier Toten wurden auf dem Ortsfriedhof von Adnet bestattet. Wenige Tage später war der Krieg zu Ende. Und der Adneter Priester bemühte sich um die Überführung der Abgestürzten zu einem britischen Militärfriedhof in Klagenfurt. Er war selbst erst kurz zuvor von amerikanischen Soldaten aus einem Konzentrationslager der Nationalsozialisten befreit worden.
Von Amerikanern aus Kriegsgefangenschaft befreit
Drei Männer hatten Glück bei diesem Abschuss. Bombenschütze Arthur Sharman überlebte den Aufprall mit einem Beinbruch. Flugingenieur Fred Cole und Funker Jack Speers sprangen mit ihren Fallschirmen hoch über dem Salzburger Salzachtal ab. Sie seien dann vom Boden aus nicht beschossen und relativ freundlich von Einheimischen behandelt worden, berichteten sie später. Das Trio kam in Kriegsgefangenschaft und wurden wenige Tage später in der Landeshauptstadt Salzburg von einrückenden US-Truppen befreit.
Eigenes Denkmal für „Befreier Österreichs“
Der Adneter Bürgermeister Wolfgang Auer (ÖVP) erforscht seit Jahrzehnten das Geschehen von 1945 und dokumentierte die Schicksale der sieben Flieger: „Aus heutiger Sicht sagen wir ganz klar, dass diese Männer dazu beigetragen haben, Österreich vom Nationalsozialismus zu befreien. Sie waren aus österreichischer Sicht keine Angreifer.“
Auer trieb dazu ein besonderes Projekt organisatorisch voran: Vor genau zehn Jahren wurde im April 2015 zum 70. Jahrestag an der Absturzstelle ein kleines Denkmal enthüllt. Es besteht aus zusammengeschweißten Trümmern des britischen Flugzeuges, die in großer Zahl vorhanden sind. Der Ingenieur-Schüler Georg Weninger von der HTBL Hallein und der Metallgießer und Schlossermeister Franz Schipflinger aus Maishofen (Pinzgau) kümmerten sich um die technisch-künstlerische Gestaltung. Der Österreichische Nationalfonds steuerte Fördergelder bei.
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Bergbauer stellte Grundstück zur Verfügung
Der Familie des Bergbauern, Rinder- und Pferdezüchters Josef Klappacher gehört die Bergwiese, auf der die Maschine vor mittlerweile 80 Jahren zerschellte. Der Landwirt und seine Ehefrau Rosi bemühten sich ab 2015 neben anderen Initiatoren um die bis heute lebendige Erinnerungskultur. Der Mann verstarb am 4. Juli 2018, seine Frau und die Nachfahren wollen diese Tradition künftig fortsetzen und weiter fördern.
Josef Klappacher sagte 2015 dem ORF, es sei wichtig, dass man sich an diese Toten erinnere. Deshalb habe er für das Denkmal ein kleines Grundstück bei seinem Hof zur Verfügung gestellt: „Für meinen Vater war der Absturz ein einschneidendes Erlebnis. Große und kleinere Trümmer waren in der ganzen Gegend verstreut. Wir finden heute noch immer Flugzeugteile.“
ORF-Film ließ Zeitzeugen zu Wort kommen
Vor genau zehn Jahren – im Frühling 2015 – produzierte das ORF-Landesstudio Salzburg dazu eine Dokumentation für die bundesweit ausgestrahlte TV-Reihe „Thema“. Es gelang, die letzten Zeitzeugen dafür vor die Kamera zu holen. Diese Bergbauern, Handwerker, pensionierten Arbeiter oder Angestellten waren 1945 – als sie den Absturz mitbekamen – allesamt noch Schüler oder Jugendliche: Thomas Eibl, Friedl Klaushofer, Rupert Steitzinger, Johann Rainer, Isidor Rieger, Adolf Schinnerl und Eduard Wögerbauer. Die meisten sind mittlerweile verstorben.
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Es ging in dem TV-Film von 2015 auch um die erste Gedenkfeier in Adnet – zum damals 70. Jahrestag des Lancaster-Absturzes. Hier können Sie diese Doku sehen:
Erste internationale Gedenkfeier vor zehn Jahren
Zur Einweihung des Denkmals kamen damals neben zahlreichen Einheimischen auch Mark Bailey – der Botschafter Kanadas in Österreich – und hohe Offiziere der Luftstreitkräfte Großbritanniens, Kanadas und Österreichs sowie Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) nach Adnet.
Die Gedenkrede hielt neben Geistlichen der örtliche Bürgermeister Wolfgang Auer, der das Gesamtprojekt einige Jahre zuvor ins Rollen gebracht hatte – zusammen mit dem Heeresoffizier Peter Schinnerl, einem gebürtigen Adneter. Der stieg 2023 dann in den Rang des Militärkommandanten im Bundesland Salzburg auf.
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Queen Elizabeth schickte ihren höchsten Offizier
Die internationalen Kontakte vertieften sich nach der ersten Gedenkfeier weiter. Schon wenige Monate später kam im Jänner 2016 hoher Besuch. Der Adneter Bürgermeister Auer empfing den Oberkommandierenden der britischen Royal Air Force (RAF). Sir Andrew Pulford fungierte damals zudem noch als persönlicher Hubschrauberpilot von Queen Elizabeth II. Er überbrachte auch Grüße seiner Königin, nachdem ihn eine Hubschrauberbesatzung des Bundesheeres nach Adnet zur Absturzstelle des britischen Bombers geflogen hatte.
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Fan von Österreich und Salzburg
Schon 1945 sei es beim Angriff auf Hitlers Hauptquartier im nahen Berchtesgaden um den Kampf gegen Extremismus und Fanatismus gegangen, betonte der britische Air Chief Marshal vor dem kleinen Adneter Denkmal: „Es berührt mich sehr, wie hier in Österreich und Salzburg unserer toten Flieger gedacht wird. Vielen Dank.“
Der heute noch immer im Dienst befindliche Luftwaffen-Chef aus London kam damals mit seinem österreichischen Amtskollegen ins Salzburger Land – mit Brigadier Karl Gruber, dem mittlerweile pensionierten Chef der heimischen Luftstreitkräfte. Auch dieser stufte das kleine Monument als sehr gelungen ein: „Diese jungen Briten sind hier im Kampf gegen das Joch der Hitlerdiktatur gefallen. Sie haben dazu beigetragen, dass wir in Österreich wieder unsere Freiheit erlangen konnten und die Demokratie wieder eine Chance bekam.“
Verbundenheit über Skisport
Die beiden Offiziere hatten zuvor gemeinsam die Pinzgauer Gemeinde Saalbach-Hinterglemm besucht, wo wieder einmal die Ski-Meisterschaften für alle Waffengattungen der britischen Armee stattfanden. Gruber verwies im Interview mit dem ORF auf den Geist Europas: „Man muss sich das immer wieder vor Augen führen, unsere Großväter und teils auch Väter mussten sich im Krieg noch bekämpfen, heute kommt das britische Militär mit hunderten Leuten zu uns zum Skifahren, sie tragen hier ihre Meisterschaften aus. Auf diese europäischen Freundschaften und Errungenschaften dürfen wir wirklich stolz sein.“
Und Pulford bedankte sich bei der Bergbauernfamilie Klappacher in Adnet für das Grundstück, auf dem das Denkmal steht. Er sei schon seit seiner Jugend ein großer Fan von Österreich, sagte der Engländer. Er habe hier auch das Skifahren gelernt – in Alpbach und Maurach in Tirol. Seine große Liebe gelte aber mittlerweile dem Salzburger Land: „Ich liebe die Berge hier, die österreichische Kultur und Gastfreundschaft, diese schönen Berghütten, das gute Essen, nette Restaurants und die freundlichen Menschen.“
Festakt am Freitag: Überflug einer C-130 Hercules
An der kommenden 80-Jahr-Gedenkfeier am 25. April 2025 nehmen wieder Regierungsvertreter und Militärs aus Großbritannien, Kanada und Österreich teil. Das Bundesheer will für den fliegerischen Salut ein großes Transportflugzeug des Typs Lockheed C-130 Hercules schicken – für einen Überflug bei der Absturzstelle des Lancaster-Bombers.
Beginn des Festaktes: 10.00 Uhr beim Anwesen des Schwarzenbachbauern im Ortsteil Spumberg, Familie Klappacher in Adnet (Tennengau), Land Salzburg.
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